An ihrer internationalen Privatschule hat Alice Sun sich immer schon unsichtbar gefühlt als einzige Stipendiatin zwischen all den Sprösslingen der Reichen und Schönen von Peking. Doch dann bemerkt sie, dass sie tatsächlich unsichtbar werden kann.
Als ihre Eltern sich trotz Stipendium die Schulgebühren nicht länger leisten können, entwickelt Alice einen Plan, ihr neues Talent zu Geld zu machen. Leider braucht sie dafür ausgerechnet die Hilfe von Henry Li, dem Musterschüler schlechthin und damit ihrem größten Rivalen. Er entwickelt für sie eine App, über die ihre Mitschülerinnen und Mitschüler Alice anonym für Aufträge buchen können, bei denen es ziemlich hilfreich ist, unsichtbar zu sein. Während Alice so manches skandalöse Geheimnis aufdeckt und Henry immer weniger nervt, werden die Aufträge immer fragwürdiger und sie muss entscheiden, wie weit sie wirklich gehen will.
Quelle: Penguin RandomHouse
Ann Liang hat einen unfassbar fesselnden, witzigen und gewitzten Schreibstil, der mich die gesamte Geschichte eingenommen hat. Ihre Charaktere sind schlagfertig, klug, ehrgeizig und motiviert ihr Leben bestmöglich in die eigene Hand zu nehmen. Die Themen Leistungsdruck, Selbstzweifel, Stolz und Einkommensunterschiede, sowie die nicht gleiche Behandlung stehen dabei im Fokus.
Während Alice sich neben der Schule zusätzlich um Noten, Geld und ihre Familie sorgen muss, um weiterhin an der Eliteschule bleiben zu können, schwelgen ihre Mitschüler*innen in Luxus. Die Unsichtbarkeit eröffnet ihr neue Möglichkeiten, macht aber noch sichtbarer, dass nicht jeder Mensch die gleichen Chancen im Leben hat.
Doch Alice nutzt ihre Wut und Unsichtbarkeit gegen das System. Dabei muss sie immer wieder von neuem abwägen, ob ihre Moral und die für sie vertretbaren Handlungen über dem Geld stehen und was sie davon dringender braucht. Von Verzweiflung angetrieben, kippt die sonst so korrekte Alice ihre Wertevorstellungen und gerät dabei auf moralische Abwege und an ihre Belastungsgrenzen. Ann Liang zeigt darin wunderbar den Zwiespalt und den Druck, der auf dieser jungen Frau lastet und sie regelrecht in eine Identitätskrise stürzt.
Die Freundschaft zwischen Alice und Henry entwickelt sich langsam, braucht Zeit, um Vertrauen zu fassen und verdeutlicht noch mehr den Unterschied der Lebensrealitäten. Sie haben eine impulsive Dynamik, die ganz im Gegensatz zu den beiden eher zurückhaltenden Charakteren steht. Das hat den Dialogen Feuer und Esprit verliehen und Ecken und Kanten in ihre makellosen Fassaden gerissen. Ein Aspekt, den ich sehr gelungen fand und der so viel mehr von ihnen gezeigt hat, als die Handlung es allein vermocht hätte.
Fazit: »If you could see the sun« von Ann Liang bewegt sich zwischen High Society, Ungerechtigkeit, Selbstzweifel und Leistungsdruck. Alice und Henry haben der Geschichte ganz viel Charme, Witz und Cleverness eingehaucht!
Beim nächsten #blogger_innensonntag am 3. November geht es um: Geschichten, die dich geprägt haben
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