Echo ist wütend. Wütend auf ihre Mutter, die sich das Leben nahm, aber am meisten auf sich selbst, weil sie sich wie eine Versagerin fühlt. Nur ihrem Großvater zuliebe nimmt sie einen Aushilfsjob im Sternerestaurant Prisma an und ist überrascht, als sie Gefallen am Konditorhandwerk findet - und an ihrem Kollegen: Alexis ist der jüngste Sohn der Restaurantbesitzer und mindestens genauso wütend wie sie. Er versucht nicht, Echo gute Ratschläge zu geben, doch das hat einen ernsten Grund: Alexis spricht nicht. Offenbar braucht er Hilfe, aber wie soll jemand wie sie ihm schon helfen? Während sie Seite an Seite feine Desserts kreieren, lässt Alexis‘ Nähe Echos Nervenenden vibrieren. In ihr keimt plötzlich Hoffnung auf eine glücklichere Zukunft auf - wäre da nur nicht ihre Vergangenheit, die alles zerstören könnte …
Quelle: Penguin Verlag
Nena Tramountani hat diese Wut, die sie in Echo und Alexis legt, einfach grandios transportiert. Es war als würde alles ungefiltert und rau zu mir durchdringen, ohne vorher abgemildert zu werden. Meistens waren die harten Worte wie Schläge, die auf mich niedergingen. Ich habe das aber nicht als Nachteil aufgefasst, sondern eher als Chance. Niemand sollte solche wichtigen Themen vorher durchspülen und weichkochen, damit sie besser zu ertragen sind. Niemand kann einen rosigen Filter über die schmerzvolle Wahrheit legen.
Echo ist verschlossen, voller Selbsthass und versteckt sich hinter Ironie, Sarkasmus und unsensiblen Aussagen. Sie ist sich so wenig wert, dass sie allen Menschen von vornherein die Möglichkeit nimmt, ihr eine Chance zu geben. Das tat gleichzeitig weh, hat mich berührt und ebenfalls wütend gemacht. Und wow, was für eine Wut in Echo brodelt. Sie ist eine überschäumende Mischung aus Verzweiflung, Zorn und Ekel.
Alexis dagegen war schwieriger zu entschlüsseln. Im Gegensatz zu Echo sprudeln seine Gedanken nicht ungefiltert aus ihm heraus. Im Gegenteil, seine ganzen Gefühle sind so tief in ihm verschlossen, dass sie ihn regelrecht blockieren. In ihm toben Emotionen, Abscheu und Hilflosigkeit miteinander und liefern sich einen erbitterten Kampf.
Nena Tramountani hat die Gabe jede Emotion ausdrucksstark in Worten zu bannen. Sodass ich heiße, alles verbrennende Wut gespürt habe. Einen Schmerz so hart, kalt und niederdrückend. Mutlosigkeit, die sich langsam mein Rückgrat hinauf geschlängelt hat. Liebe und Verbundenheit, die mein Herz erfüllt und mich mit neuer Freude belebt hat.
Mein Innerstes ist zerrissen. Ich konnte und wollte es nicht aufhalten. Mit jeder Seite mehr zerfiel meine Beherrschung und machte den unaufhörlichen Tränen Platz. Mit jedem Satz, jeder Erkenntnis, jeder Geste wurden meine Gefühle durcheinander geschüttelt.
Die Geschichte ist einfach so verdammt einfühlsam, intensiv, echt und wertvoll. Von Anfang bis Ende.
Und nun sitze ich hier. Leer geweint, voll Wärme im Herzen und mit der Frage, wie ich diesen wunderschönen Worten gerecht werden soll. Wie ich diesen verfluchten Kloß aus meinem Hals bekomme, während die Tränen erneut ausbrechen wollen. Echo und Alexis haben mich berührt, mich in die tiefen Abgründe der Verzweiflung gerissen und mich gleichzeitig gerettet.
Ich wünsche mir mehr solche Bücher. Mehr Repräsentation. Mehr Aufklärung. Mehr einfühlsame Geschichten für verlorene Seelen, die mehr geben, als leere Versprechungen. Ich wünsche mir diese wichtigen Botschaften für mein jüngeres Ich, für all die Menschen, die an sich zweifeln, mit schweren Entscheidungen hadern und jeden Tag ums überleben kämpfen. Ich wünsche mir, dass sie sich gesehen fühlen und den Mut haben weiterzumachen.
Fazit: Mir fehlen die Worte und gleichzeitig sprudelt alles aus mir heraus. Nena Tramountani hat mich mit »The Way You Crumble« verdammt noch mal umgehauen. Eine Geschichte über Ausweglosigkeit, Selbsthass und neue Chancen, die mir in der Umsetzung schlichtweg das Herz zerrissen hat.
Das Buch enthält eine Content Note!
Ebenfalls rezensiert von Romanliebe | Leos Universum | Janinchens Bücherwelt
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